Josef Höninger, Stuckateurmeister und Sachverständiger für Schimmelsanierung, zeigt anhand konkreter Baustellensituationen die ganze Bandbreite der Ursachen und Auswirkungen von Schimmelbildung. Und er beschreibt Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung.
Josef Höninger, Stuckateurmeister und Sachverständiger für Schimmelsanierung, zeigt anhand konkreter Baustellensituationen die ganze Bandbreite der Ursachen und Auswirkungen von Schimmelbildung. Und er beschreibt Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung.
Schimmelpilzsanierungen bleiben erfolglos, wenn der Wohnungsnutzer nicht mit einbezogen und über die Maßnahmen und Konsequenzen umfassend aufgeklärt wird. Notwendig ist dabei seitens des Fachunternehmers, ihn auf die erforderliche Heizungs- und Lüftungspflicht hinzuweisen. So kann vermieden werden, dass der Schimmelpilz einige Zeit nach der Sanierung erneut auftritt, obwohl die Arbeiten mit guten Produkten und fachlich richtig ausgeführt wurden. Die Ursachen für eine Schimmelpilzbildung in Wohnräumen sind vielfältig, treten oft einzeln oder in Kombination auf. Es gibt bereits zahlreiche Veröffentlichungen zu diesem Themenkomplex. In diesem Beitrag soll der Schwerpunkt auf speziellen Fällen aus meiner Praxis als Sachverständiger liegen. Die Schadensursache zu finden gleicht oft einem Puzzle, entsprechend anspruchsvoll ist dann auch die Festlegung der individuell am besten geeigneten Maßnahmen.
Alarmsignal beschlagene Fensterscheiben
Damit Schimmelbefall auftreten kann, braucht es Feuchtigkeit in der Raumluft und eine kalte Fläche, auf der es entsprechend bauphysikalischer Gesetzmäßigkeit dann zu Tauwasserausfall kommt. Dieses Phänomen tritt immer dann auf, wenn der Taupunkt höher ist als die Oberflächentemperatur. Diesen Zusammenhang muss man sich klar machen, um zu verstehen, warum es wie auf Bild 1 zur Schimmelpilzbildung gekommen ist. Tauwasserbildung setzt sofort ein, sobald der Taupunkt höher ist als die Oberflächentemperatur, wo auch immer die kälteste Stelle ist.
Wenn Fensterscheiben so aussehen wie im Bild 1, dann braucht sich niemand zu wundern, dass in der Wohnung an vielen Stellen Schimmel entsteht. Zwei der wichtigsten Gründe für die Problematik der Schimmelpilzbildung in Wohnungen sind der Einbau neuer luftdichter Fenster und die gestiegenen Holz-, Öl- und Gaspreise. Heizkosten sparen und in der Konsequenz falsches Lüften sind für mich zwei relevante Verhaltensweisen, die Schimmelpilzbildung fördern können. Es gibt noch unzählige weitere Ursachen. Dazu gehören die unterschiedlichsten negativen baulichen Gegebenheiten genauso wie das Verhalten der Nutzer.
Falsches Lüftungsverhalten forciert Schimmelbefall
Dieses Elternschlafzimmer (Bild 2) wurde zwei Jahre zuvor bereits an allen Außenwänden mit 30 mm starken Calciumsilikatplatten und Kalkputz als Beschichtung von einem Stuckateurmeisterbetrieb nach Vorschlag des beratenden Sachverständigen saniert. Bereits ein Jahr nach der Maßnahme war dieses Schadensbild im Außeneck- und Sockelbereich wieder vorhanden. Die Schimmelbildung ist dem Isothermen-Verlauf nach entstanden.
Die Sockelleisten waren bereits entfernt, der Estrich wurde bei der Sanierung auch aufgeschnitten und die Dämmung bis zum Betonboden angebracht. Diese Sanierungsschritte waren aus meiner Sicht fachlich richtig. Man hätte statt der 30 mm Calciumsilikatplatte auch eine 50 mm starke Platte anbringen können, was allerdings im Ergebnis auch nicht zum Erfolg geführt hätte. Warum?
Wie leider so oft wurden auch in diesem Fall die Nutzer, ihre Gewohnheiten und speziell ihr Lüftungsverhalten im Sanierungskonzept nicht berücksichtigt. Ebenso unbeachtet blieben die Größe des Schlafzimmers und der Wohnung, der Ölofen, der als Zusatzheizung betrieben wurde, und das nur 24 cm starke Mauerwerk.
Zur Lösung dieses Falles waren mehrere Veränderungen notwendig. Im Schlafzimmer wurde eine Sockelleistenheizung angebracht sowie eine zentrale Lüftungsanlage installiert. In der Küche wurde der Dunstabzug auf Abluft nach außen umgestellt. Der Ölofen wurde ausgebaut, auch weil die Lüftungsanlage sonst vom Kaminkehrer abgelehnt worden wäre. An den Schornstein ist die Heizung der Wohnung darüber mit angeschlossen, dadurch ist es nicht möglich z. B. einen Unterdruckwächter zu installieren, mit dem eine brandsichere Abführung der Abgase des Ölofens möglich gewesen wäre.
Die allerwichtigste Maßnahme zu dieser und zu jeder Sanierung ist jedoch, dass der Nutzer über richtiges Heizungs- und Lüftungsverhalten aufgeklärt wird. Dabei kommt es darauf an, die Erläuterungen mit den Bewohnern auf die tatsächliche Raumsituation abzustimmen, denn sie müssen die Empfehlungen ja anschließend umsetzen.
„Schimmel-Ex“ funktioniert nicht
Bild 3 zeigt die Außenecke im Wohnzimmer einer im Erdgeschoss liegenden Eigentumswohnung eines 2017 errichteten Neubaus. Links und rechts der Stütze befinden sich bodentiefe, zwei Meter breite Fensterelemente. Die Eckstütze ist bekleidet mit Gipskartonplatten, die kurz nach dem Einzug im ersten Winter bereits Schimmel aufwiesen. Der Befall wurde über einen Zeitraum von vier Jahren mehrmals mit „Schimmel-Ex-Mitteln“ behandelt, trat jedoch im Winter immer erneut auf. Die Mieterin glaubt die Ursache zu kennen: Seit der Fensterbauer von außen die Blechverkleidung zu Kontrollzwecken nochmals entfernt hätte, sei das Problem noch schlimmer geworden. Die Reklamation liegt noch im fünfjährigen Gewährleistungszeitraum.
Schiebevorhang schafft „Kältezone“
Der Eckbereich ist bis an die Decke verschimmelt. Spuren von erhöhter Feuchtigkeit an den Fensterrahmen und Fensterscheiben sind mit der Schimmelpilzbildung auf allen Flächen zu sehen (Bild 4). Aufnahmen mit der Wärmebildkamera schließen eine typische Wärmebrücke aus. Der Raum wird mittels Fußbodenheizung beheizt – ohne zusätzlichen Heizkörper. In der Wohnung gibt es außerdem auch eine zentrale Lüftungsanlage. Hinter der Sockelleiste ist es trocken, somit kann Feuchtigkeit von außen ausgeschlossen werden.
Direkt vor der Fensterfront steht eine Couch. Zur Beschattung im Sommer sowie als Sichtschutz (Erdgeschoss) sind Schiebevorhänge vor den Fensterflächen montiert. Diese reichen von der Decke bis auf den Boden und sind nur 2 cm von der Wand entfernt. Der verbleibende Zwischenraum zwischen Fenster und Schiebevorhang mit einer Laibungstiefe von ca. 15 cmbleibt trotz Dreifachverglasung im Winter dem Kälteeinfluss von außen ausgesetzt. Umgekehrt erschwert der Vorhang, dass Wärme aus dem Wohnbereich in den Zwischenraum gelangt. Dadurch ist es dort um 3–4 Grad kälter als im Raum selbst.
Um Heizkosten zu sparen, wurde der Raum mit nur 20 °C beheizt, dies jedoch bei Luftfeuchtigkeitswerten von 60–65 Prozent. Diese Konstellation lässt den Taupunkt in der Raumecke schnell mal höher liegen als die Oberflächentemperatur. Es ist letztlich auch hier so, dass sich mehrere Faktoren negativ auswirken und in der Summe den Schimmelpilzbefall erst ermöglichen.
Zur Lösung dieser Situation war zunächst der Schimmelbefall zu entfernen und eine Grundreinigung der Fensterrahmen mittels Dampfreiniger durchzuführen. Anschließend erfolgte die zusätzliche Dämmung der Außenecke mit einem WLG 035 Dämmstoff. Durch Umlegen der Heizleitung wurde hinter dem Vorhang eine Wärmequelle installiert, gleichzeitig der Abstand der Schiebevorhänge entsprechend angepasst. Abschließend wurde die Mieterin ausführlich über das richtige Heiz- und Lüftungsverhalten informiert.
Punktuelle Dämmung reicht nicht
In diesem Fall (Bild 5) wurde in der Küche von unten eine 30 mm Calciumsilikatplatte verbaut. Damit sollte Schimmelbefall behoben werden, der zuvor im unteren Bereich der Küche sichtbar war. In der Fläche darüber ist nach der Sanierung oberhalb der Arbeitsplatte beziehungsweise der Calciumsilikatplatte trotzdem wieder verstärkt Schimmelbefall aufgetreten. Das Schadensbild entspricht dem Isothermenverlauf. Die Ursache: Mit dieser Ausführung wurde im Eckbereich die sowieso bereits vorhandene geometrische Wärmebrücke verschlechtert. Nur punktuell angebrachte Dämmplatten – egal welcher Art – erhöhen das Risiko eines Schimmelbefalls im Randbereich. Hochdämmende Baustoffe können diesen Effekt noch verstärken. Auch hier führte der wohlgemeinte Sanierungsversuch nicht zum Erfolg. Inzwischen ist das Haus von außen gedämmt sowie eine dezentrale Lüftungsanlage eingebaut.
Autor
Josef Höninger
Stuckateurmeister und Sachverständiger für Schimmelsanierung
[email protected]