Knauf Knauf
Weiter

Mangelhafte Vorleistung - Wann haftet der Auftraggeber?

Ein Mangel an der Leistung des Auftragnehmers kann ausschließlich darauf zurückzuführen sein, dass er seine Arbeiten auf der Grundlage einer mangelhaften Vorleistung ausgeführt hat. Dann fragt sich, ob er für einen hierdurch verursachten Mangel an der von ihm ausgeführten Leistung haftet.

Der Fall

Ein Fachbetrieb für Estrich, Parkett und Bodenbelagsarbeiten (AN) hat auf einer bauseits erstellten, mit einer Bitumenbeschichtung versehenen Bodenplatte, die einige Aussparungen für Abflussrohranschlüsse enthält, auf Grundlage eines VOB/B-Vertrages eine Dämmschicht aufgebracht und anschließend einen Estrich und einen Oberboden verlegt. Einige Zeit nach der Abnahme der Leistung tritt im unteren Wandbereich am Bauwerk des AG Feuchtigkeit auf, die nach Aussage des gerichtlich beauftragten Gutachters darauf zurückzuführen ist, dass der bauseits tätige Vorunternehmer einen nicht abgedichteten Abflusskanal in der Bodenplatte mit Bitumen überdeckt hat. Der AN kann das nicht erkennen und hat das bei seiner Leistung auch nicht berücksichtigt.

Trotzdem lastet der Auftraggeber (AG) dem AN die Tatsache an, dass er ihn nicht auf den nicht abgedichteten Abflusskanal hingewiesen hat. Deshalb verlangt er von ihm wegen Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht den Ersatz des ihm hieraus entstandenen Schadens in Höhe von 95.604,93 Euro. Verlangt der AG den Ersatz dieses Schadens zu Recht?

Die Entscheidung

Das OLG Hamm – Az.: 24 U 55/21, Urteil vom 06. 12. 2022 – verneint eine Haftung des AN für den aufgetretenen Feuchtigkeitsschaden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Leistung des AN selbst keine Abdichtungsfunktion zu erfüllen hat. Auch konnte der AN davon ausgehen, dass die vom Vorunternehmer ausgeführte und ihm zur Verfügung gestellte Bodenplatte einschließlich ihres Bitumenbelags keine Mängel aufweist. Er musste nicht damit rechnen, dass Feuchtigkeit aus deren Oberfläche austritt.

Eine Haftung des AN für eine fehlerhafte Vorunternehmerleistung würde jedoch voraussetzen, dass dessen Leistung „in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen Unternehmers steht, auf die seine Leistung aufbaut.“ Ein solch enger Zusammenhang zwischen beiden Leistungen besteht hier nicht, da der AN nicht in den Ablauf der Vorarbeiten eingebunden war. Er hatte deshalb keine Gelegenheit, den Ausführungsfehler im Bereich der Arbeiten des Vorunternehmers zu erkennen. Der AN hat deshalb seine Hinweispflicht gegenüber seinem AG nicht verletzt. Eine Haftung für den vom AG gerügten Schaden scheidet aus.

Hinweise für die Praxis

  • Führt der AN seine Leistungen – anders als in diesem Fall – allerdings in zeitlicher oder organisatorischer Abfolge oder Abstimmung mit einem Vor- oder Nebenunternehmen aus, muss er dessen Leistung auf mögliche Fehler, die sich auf seine eigene Leistung auswirken können, überprüfen. Dann muss er ggf. Bedenken gegenüber seinem AG anmelden, wenn er den Vorunternehmer nicht dazu veranlassen kann, den Mangel zu beheben, bevor er seine eigene Leistung auf der des Vorunternehmers aufbaut. Nur hierdurch kann er sich von einer Haftung für einen Mangel, der auf eine mangelhafte Vorleistung zurückzuführen ist, befreien.

  • Zum Umfang der Prüfungs- und Hinweispflicht eines von einem anderen Unternehmen hergestellten Estrichs siehe OLG Bamberg, Baurechts-Report 4/2003.

Der Autor:

Eckhard Frikell

Seit 1984 Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Bauvertragsrecht, bis 2002 Geschäftsführer der Bau-Innung München, langjähriger Lehrbeauftragter für Baurecht an der Universität der Bundeswehr, Autor zahlreicher baurechtlicher Veröffentlichungen einschließlich des monatlich erscheinenden Baurechts-Reports.

Termine und Anmeldung zu den Baurechts-Seminaren unter:
www.baurechtsseminare.de